Sie nahmen in jüngster Zeit erheblich zu, die grundlegenden Zweifel, ob der am 6. Oktober 2022 vorgestellte Zeitplan für das Inkrafttreten des Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht (EPGÜ) (wir berichteten auf diesem Blog darüber) überhaupt zu halten sei. Denn auch kurz vor dem geplanten Start der Sunrise Period bestehen noch immer erhebliche technische Probleme.
Nun wurde offenbar die Notbremse gezogen: Der Präsident des Berufungsgerichts und der amtierende Vorsitzende des Verwaltungsausschusses des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) teilten heute mit, dass der gesamte sogenannte „Fahrplan“ um 2 Monate nach hinten verschoben wird!
Das bedeutet:
- Die Sunrise Period als dreimonatige Übergangsphase soll nun erst am 1. März 2023 beginnen.
- Entsprechend soll das EPGÜ am 1. Juni 2023 in Kraft treten und das EPG am selben Tag seine Tätigkeit aufnehmen.
Wesentlicher Grund dieser Verschiebung sind die mannigfachen Probleme, denen sich die zukünftigen Nutzer des neuen Systems auch jetzt, keine vier Wochen vor dem ursprünglich geplanten Start der Sunrise Period, ausgesetzt sehen. Das zukünftige Gericht soll IT-basiert arbeiten und in der Regel nur über das Case Management System (CMS) erreichbar sein. Das bedeutet, sämtliche Anträge, insbesondere auch die bereits in der Sunrise Period möglichen opt-out-Anträge, müssen über das CMS eingereicht werden. Vorausgesetzt, man hat Zugang zu diesem System …
Es gibt bis heute kaum Anbieter (u.a. keinen in Deutschland!), die ein vom EPG akzeptiertes, für die Benutzerauthentifizierung (Anmeldung) zwingend erforderliches Authentifizierungszertifikat bereitstellen können. Gerüchteweise bekannt ist unter den deutschen Nutzungswilligen ein einziger Anbieter (aus Luxemburg), der sich aber vermutlich auch bald nicht mehr wird retten können vor Anfragen.
In Anbetracht dieser CMS-Zugangsprobleme, der kommenden Feiertage und einer möglichen faktischen Beschneidung der dreimonatigen Sunrise Period allein aufgrund technischer Probleme, ist die nun angekündigte Verschiebung ein Segen. Denn einen Fehlstart kann und darf sich diese über so viele Jahrzehnte hart erkämpfte einheitliche Patentgerichtsbarkeit nicht leisten!
Lesenswert: Beitrag von Thorsten Bausch in KluwerPatentBlog vom 28.11.2022 (en)