Europäische Marken
EuGH und EuG gewähren schwachen Marken eine aus deutscher Sicht oft überraschende Durchsetzungskraft. So hat das EuG jüngst entschieden, dass sich eine Wort-/Bildmarke mit dem alleinigen Wortbestandteil „FAIR“ gegen die Neuanmeldung „FAIR ZONE“ durchsetzen konnte. Das Wort „FAIR“ sei zwar schwach, weil es allgemein nur als Hinweis auf einen fairen Handel verstanden werde. Bei identischen Waren sei aber die Zeichenähnlichkeit groß genug, um Verwechslungsgefahr zu bejahen (EuG, Urteil vom 9.9.2020, T-589/19).
Deutsche Marken
Der BGH war bislang strenger und räumte schwachen Marken meist nur Schutz gegenüber solchen Marken ein, die sich in gleicher Weise an einen beschreibenden Bestandteil anlehnen. Nun scheint sich der BGH dem EuG anzuschließen. Dabei hatte der BGH über einen Widerspruch aus der Marke „INJEKT“ gegen die jüngere Marke „INJEX“ zu entscheiden. Beide Marken beanspruchten Schutz für medizinische Geräte wie Spritzen. Der BGH entschied, dass bei einem Zeichenvergleich kennzeichnungsschwache Bestandteile nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben dürften. Inhaber jüngerer Marken verweist der BGH auf die Möglichkeit von Löschungsanträgen oder die Schutzschranke des rein beschreibenden Gebrauchs (BGH, Beschl. v. 6.2.2020 – I ZB 21/19).
Fazit
Wenn eine Marke einmal eingetragen ist, kann ihr die Rechtsprechung im Widerspruchs- oder Klageverfahren nicht jeden Schutz absprechen. Inhaber jüngerer Marken sind deshalb gerade nach der neueren BGH Rechtsprechung gut beraten, im Konfliktfall rechtzeitig einen Löschungsantrag wegen absoluter Schutzhindernisse zu stellen. Noch besser aufgestellt sein könnte allerdings, wer bei der Auswahl seiner Marke kreativ wird und nicht auf nahezu schutzunfähige Abwandlungen rein beschreibender Begriffe zurückgreift. Denn wer solch ein Zeichen wählt, muss damit rechnen, dass viele Dritte eben auch genau diesen beschreibenden Begriff benutzen bzw. schützen wollen.