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Bayer zieht zweiten Antrag auf einstweilige Verfügung im Nexavar-Kampf gegen Generikahersteller zurück

Stada, Zentiva und vier weitere Generikahersteller können ihre Nachahmerprodukte auf den Markt bringen, nachdem Bayer seinen zweiten Antrag auf eine einstweilige Verfügung zum Schutz seines Krebsmedikaments Nexavar zurückgezogen hat. Sollte das Gericht das Bayer-Patent bestätigen, droht den Unternehmen jedoch eine kostspielige Schadensersatzklage.

Bayer Healthcare hat in seinem Streit mit mehreren Generikaherstellern einen weiteren Rückschlag erlitten. Seit August 2021 kämpft das Unternehmen darum, den Markteintritt von Nachahmerpräparaten für sein lukratives Krebsmedikament Nexavar zu verhindern. Gestern zog das Pharmaunternehmen jedoch seinen zweiten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht München zurück (Fall-IDs: siehe Anwaltsliste).

Obwohl das Bundespatentgericht Europäische Patent Nr. EP 23 05 255 im September in erster Instanz für nichtig erklärt hatte, hatte Bayer versucht, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Entscheidung falsch sei. Der Pharmariese wollte stattdessen, dass das Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die Generikahersteller Betapharm, Hexal, Mylan/Viatris Ratiopharm/Teva, Aluid/Stada und Zentiva erlässt.

Mit der einstweiligen Verfügung wollte Bayer erreichen, dass generische Versionen seines Krebsmedikaments Nexavar bis zum Ablauf des Patents im Dezember 2022 nicht auf den Markt kommen.

Bayer unternimmt ungewöhnlichen Schritt

In der Zwischenzeit hatte Bayer gegen das Nichtigkeitsurteil des Bundespatentgerichts Berufung eingelegt. Der Bundesgerichtshof, die letzte Instanz für deutsche Nichtigkeitsklagen, hat noch nicht entschieden, wann er über die Revision ein Urteil erlassen wird.

Dass Bayer versucht, vom Landgericht München eine einstweilige Verfügung zu einem widerrufenen Patent zu erhalten, ist jedoch ein ungewöhnlicher Schritt. Die Herausforderung besteht nun darin, das Landgericht München davon zu überzeugen, dass die Entscheidung des Bundespatentgerichts falsch ist und vom Bundesgerichtshof wahrscheinlich aufgehoben werden wird.

(…)

Bereits der erste Schritt ein Erfolg

Im August 2021 gewährte dasselbe Gericht Bayer eine erste zeitlich begrenzte einstweilige Verfügung. Dies hatte zur Folge, dass die Hersteller von Generika ihre Produkte in Deutschland bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Wirksamkeit nicht vermarkten konnten. Als das Gericht das Nexavar-Patent für ungültig erklärte, traten die anderen Hersteller auf den Markt. Bayer beabsichtigte, dass die zweite einstweilige Verfügung diese Entscheidung bis zum Auslaufen des Patents revidieren würde.

Der Streit nahm jedoch am vergangenen Mittwoch in der Berufung der ersten einstweiligen Verfügung eine Wendung. In der mündlichen Verhandlung stellten die Berufungsrichter klar, dass sie nach dem deutschen Trennungsprinzip die erfinderische Tätigkeit nicht prüfen würden. Folglich würden sie die Nichtigkeitsentscheidung des Bundespatentgerichts nicht aufheben.

Diese Entscheidung führte dazu, dass Bayer seinen Antrag auf einstweilige Verfügung zurückzog. Nach Angaben verschiedener Beteiligter will Bayer damit unter anderem ein schriftliches Urteil vermeiden, das in anderen Verfahren verwendet werden kann.

Lediglich die einstweilige Verfügung gegen den Generikahersteller Betafarm bleibt bestehen. Diese hat jedoch keine wirtschaftlichen Folgen mehr.

Bayer in Europa

Auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern, darunter Frankreich, Spanien und Großbritannien, versucht Bayer zu verhindern, dass Versionen von Nexavar auf den Markt kommen. Obwohl das Pharmaunternehmen in Österreich und der Schweiz erfolgreich einstweilige Verfügungen durchgesetzt hat, war es in anderen Ländern nicht annähernd so erfolgreich.

Andererseits bedeutet die Rücknahme der Anträge durch Bayer in Deutschland nicht, dass der Streit beendet ist. Sollte das Bundespatentgericht das Patent nämlich wieder für gültig erklären, könnte Bayer von den anderen sechs Generikaherstellern Schadenersatz verlangen.

Nach JUVE-Patentinformationen erwirtschaftet Nexavar für Bayer einen Jahresumsatz von rund 20 Millionen Euro. Zwischen September 2021 und Dezember 2022 wird der Umsatz aufgrund des Verkaufs von Generika voraussichtlich deutlich geringer ausfallen.

Bayer hat noch keine Hauptanspruch erhoben. Alle sieben beteiligten Unternehmen haben sich seit Beginn des Rechtsstreits in Deutschland von denselben Anwaltskanzleien vertreten lassen.

Beteiligte Parteien

Für Bayer
Simmons & Simmons (Düsseldorf): Peter Meyer (Partner)
Weickmann & Weickmann (München): Wolfgang Weiß, Hans Weickmann (Partner, Patentanwälte)

Für Zentiva (Aktenzeichen: 21 O 15021/21)
Arnold Ruess (Düsseldorf): Cordula Schumacher (Partnerin); Associate: Theresa Schulz
Reddie & Grose (München): Robin Ellis (Partner, Patentanwalt)
Inhouse (Prag): Kristin Cooklin (Leiterin IP)

Für Aliud Pharma/Stada (Aktenzeichen: 21 O 14376/21) 
Preu Bohlig & Partner (Hamburg): Daniel Hoppe
Kernebeck (Frankfurt): Thomas Kernebeck (Patentanwalt)

Für Ratiopharm/Teva (Aktenzeichen: 21 O 15023/21) 
Bird & Bird: Tobias Wilcke (Düsseldorf, Counsel), Lucas Brons (Hamburg, Associate) 
Lederer & Keller (München): Michael Best (Partner, Patentanwalt)

Für Hexal (Aktenzeichen: 21 O 15022/21)
Bird & Bird (Düsseldorf): Oliver Jüngst (Partner); Associates: Moritz Schröder
Maiwald (München): Derk Vos (Patentanwalt)

Für Mylan/Viatris (Aktenzeichen: 21 O 14962/21)
Taylor Wessing (München): Anja Lunze, Verena Bertram (Partner); Associate: Damian Roscher
ter Meer Steinmeister & Partner (München): Luigi Rumi (Partner, Patentanwalt)

Für Betapharm (Aktenzeichen: 21 O 14963/21)
Maiwald (München) Marco Stief (Partner), Annelie Wünsche (Partnerin, Patentanwältin), Christian Meyer (Principal)

Landgericht München, 21. Zivilkammer
Georg Werner (Vorsitzender Richter)

Dieser Text ist ein Pressebericht von JUVE Patent. Den vollständigen Artikel finden Sie hier.