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Die Schonzeit ist vorbei – vertikale Kartellverstösse sind kein Kavaliersdelik

Ein weitverbreitetes Missverständnis lautet, dass nur horizontale Kartellverstöße (wie z.B. im LKW-, Bier- oder Wurstkartell), also kartellrechtswidriges Verhalten zwischen Wettbewerbern, im Fokus der Wettbewerbsbehörden steht. Verboten sind und sanktioniert werden können im Horizontalverhältnis z.B. der Informationsaustausch, Preisabsprachen oder Marktaufteilungen.

Unternehmen, die in ihren Compliance-Bemühungen allerdings nur diesen horizontalen Aspekt im Blick haben, übersehen dabei oft die Relevanz und das Risiko vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen. In den letzten Jahren hat sich das Verfolgungsrisiko im Falle von vertikalen Kartellverstößen deutlich erhöht, da sowohl die nationalen Kartellbehörden als auch auf europäischer Ebene die EU Kommission immer häufiger gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Vertikalverhältnis vorgehen und teils empfindliche Geldbußen verhängen.

Ein Klassiker der unzulässigen vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen sind z.B. Preisbindungen der zweiten Hand, also die Vorgabe von Mindestpreisen durch den Hersteller gegenüber dem Händler. Während die Vorgabe von Höchstpreisen kartellrechtlich unbedenklich ist, beeinflussen Mindestpreise den Wettbewerb in unzulässiger Weise. Solche #Preisvorgaben können beispielsweise auch als Verbot der Teilnahme an Rabattaktionen erfolgen.

In einer Meldung vom 5. August 2021 hat das Bundeskartellamt im jüngsten vertikalen Kartellfall über die Festsetzung von Bußgeldern in Höhe von insgesamt EUR 21 Mio. gegen Hersteller und Händler von Musikinstrumenten sowie gegen involvierte Mitarbeiter dieser Unternehmen informiert. Hintergrund war die Aufforderung der Hersteller an die Fachhändler, die von den Herstellern vorgegebenen Mindestverkaufspreise zu respektieren, was die Händler häufig taten. Auch wenn die Händler die Vorgaben oftmals umgingen, verblieb es dennoch immer wieder bei der Einhaltung der Mindestpreise, was zu Hausdurchsuchungen durch das Bundeskartellamt und letztendlich zu den festgesetzten Bußgeldern führte.

Da Preisbindungen der zweiten Hand nicht einseitig durch die Hersteller erfolgen, sondern Händler ihren Teil durch Umsetzung der Vorgaben beitragen, werden sowohl Hersteller als auch Händler (und ihre Mitarbeiter) mit entsprechenden Bußgeldern belegt. Die Einzelheiten der konkret vom Bundeskartellamt bebußten Verhaltensweisen werden im Fallbericht vom 5. August 2021 beschrieben, insbesondere die Vorgabe der Marge durch die Hersteller und die Überwachung der Einhaltung der vorgegebenen Verkaufsbedingungen.

Aufgrund der verstärkt in den Fokus geratenen vertikalen Wettbewerbsverstöße empfehlen wir Unternehmen die Prüfung ihrer Verträge im Hinblick auf etwaige kartellrechtlich problematische Regelungen im Vertikalverhältnis. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf Preisbindungen, Vorgaben bzgl. des Internetvertriebs (vor allem Plattformverbote) oder Exklusivitätsklauseln gelegt werden.

Die Beiträge im Maiwald-Blog stellen lediglich einen Überblick zu aktuellen rechtlichen Themen, Gesetzgebungsvorhaben sowie Rechtsprechung dar und dienen der allgemeinen Information und ersetzen keinesfalls eine konkrete Beratung im Einzelfall. Wenn Sie Fragen zu den hier angesprochenen oder anderen Themen und Rechtsgebieten haben, steht Ihnen Ihr persönlicher Ansprechpartner bei Maiwald oder der jeweils im Beitrag genannte Verfasser gerne jederzeit zur Verfügung.

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Autoren

Elke Wurster

Partner

Rechtsanwältin

Maîtrise en droit international

Zertifizierter Compliance Officer (Univ.)